Redebeitrag bei der Kundgebung von Migrantifa

Am 23.07.23 hat Migrantifa Berlin zur einer Kundgebung am Prinzenbad aufgerufen, um ein klares Zeichen zu setzen gegen die rassistische Hetze und auch gegen die Polizeipräsenz. Wir veröffentlichen nachträglich hier unseren Redebeitrag.


Liebe Genoss:innen, Mitstreiter:innen und Anwesende, ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe Berlin.
Wir haben es alle gehört. Es scheint keinen sicheren Raum mehr für uns zu geben. Überall in Berlin sind sie zu finden. Auf der Sonnenallee, am Görli, auf der Rigaer str. Aber nicht nur draußen, sondern auch in Shisha Bars, an Bahnhöfen, in Jugendeinrichtungen und jetzt nun auch in Freibädern. Sie haben sogar einen neuen teuren Rückzugsort am Kotti errichtet. Überall dringen diese aggressive und bewaffnete Banden ein, oft geprägt von rassistischen und sexistischen Vorstellungen. Sie provozieren und eskalieren die banalsten Situationen, um dann Knüppel, Pfefferspray oder auch in den schlimmsten Fällen, Schusswaffe zu nutzen. Die Polizei ist keine Sicherheit, sondern eine reale und alltägliche Gefahr für viele. Wer behauptet soziale und gesellschaftliche Probleme ließen sich mit mehr Polizei, mehr staatlicher Gewalt lösen, ist entweder naiv, oder verfolgt eine politische Agenda.

Denn die primäre Funktion der Polizei ist es doch, die gesetzliche erlaubte und auch gewünschte Ausbeutung und daraus resultierende Ungleichverteilung aufrecht zu erhalten und Widerstand gegen diese Verhältnisse zu unterdrücken. Individueller ökonomischer Reichtum, wird gegen einen wahren gesellschaftlichen Wohlstand für alle verteidigt, egal wie hoch die Kosten für Mensch und Klima sind. Gleichzeitig bleiben die Polizist:innen eine elementare Stütze, für den staatlichen Rassismus. Sie halten die Grenzen aufrecht, indem sie unerwünschte Migrant:innen landesweit verfolgen, einsperren und abschieben.

Und hier im Freibad wird – wie auch an anderen Orten – mit ihrer Hilfe ein falsches Gefühl der Sicherheit inszeniert – auf dem Rücken anderer. Mit der Schikane und Kriminalisierung von Migrant:innen, Menschen ohne sicheren Aufenthalt, Obdachlosen, Schwarzen Menschen und auch Jugendlichen soll und wird keine Sicherheit geschaffen und auch kein einziges soziales Problem gelöst werden. Durch Kontrollen und Racial Profiling wird klar gemacht, welches Leben und welche Menschen schützenswert sind, und welche vertrieben werden sollen.

Dass Einsätze der Staatsgewalt auch regelmäßig tödlich enden, ist uns allen bewusst. An dieser Stelle möchte ich nur kurz auf Ferhat Mayouf hinweisen, der genau vor drei Jahren in seiner Zelle in der JVA Moabit verbrannte. Auch er wurde von den Cops kontrolliert und wegen einer Lappalie eingesperrt und misshandelt.

Gleichzeitig entsteht bei der Zuspitzung von Repression und Vertreibung auch immer Widerstand. Diese Kundgebung ist nur ein erfreuliches Beispiel von vielen dafür. Doch neben geplanten öffentlichkeitswirksamen Aktionen ist der alltägliche Widerstand gegen Schikanen und Unterdrückung mindestens genauso wichtig. Wenn Menschen sich bei Kontrollen spontan zur Wehr setzen, egal ob sie selbst davon betroffen sind, oder andere Menschen in den Situationen unterstützen wollen. Diese alltägliche Solidarität muss gepflegt werden. Das Selbstvertrauen und die Selbstsicherheit mit der Bullen Menschen auf der Straße, im öffentlichen Raum und auch sonst wo kontrollieren und angreifen muss gebrochen werden. Wenn sich bei jeder Kontrolle, viele solidarisch einmischen, werden sie es sich langfristig zweimal überlegen, ob und wen sie hier aufhalten wollen. Bei Widerworten, Einspruch oder allein Aufmerksamkeit für ihr Handeln werden Polizist:innen nicht selten mit Repression antworten. Und wie bei jeder politischen Aktion, dürfen die Menschen damit nicht alleine gelassen werden. Als linke strömungsübergreifende Antirepressionsstruktur wissen wir, Solidarität und Zusammenhalt ist eine Waffe. Redet mit eurer Familie und Freund:innen darüber und vernetzt euch mit Genoss:innen und aktiven Gruppen. Wenn Ihr selbst Repression erfahrt, kommt gerne zu unseren Beratungen. Wir heißen alle Willkommen, die für eine andere Gesellschaft und für die Überwindung und Abschaffung von Unterdrückung kämpfen.

Soziale und intern gesellschaftliche Probleme können nur auf Augenhöhe mit Umverteilung und Chancengleichheit entstehen. Niemals mit der Polizei und Staatsgewalt. Wer nach mehr Polizei schreit, der bekommt höhere Mauern, mehr Vertreibung und mehr Ungleichheit.

No justice no peace
fight the police