Wer hat Angst vorm Spielplatzmob? Prozess am 31. Mai

Vor knapp zwei Jahren hatten wir berichtet, dass beim Fest der Roten Insel ein Polizeimob flüchten musste, der dort gewütet hatte. Jetzt kommt es zur ersten Verhandlung und wir teilen gern den folgenden

Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung

Am 8. August 2021 fand das „Rote Insel Fest“ in Berlin-Schöneberg statt. Die Veranstaltung begann als Kundgebung mit Redebeiträgen, Live-Musik und Ständen. Schon nach kurzer Zeit eskalierten die anwesenden Cops die Situation. Doch als sie versuchten, einen Menschen wegen Stickerklebens auf einem angrenzenden Spielplatz fest zu nehmen, schlug ihnen die handfeste Solidarität der Festbesuchenden entgegen. Schnell musste die Schlägertruppe der 11. Hundertschaft vor dem solidarischen „Spielplatzmob“ aus der Straße fliehen. Trotz der stabilen Selbstbehauptung des Festes gegen die Schikanen der Cops wurden an dem Tag mehrere Menschen festgenommen. Gegen zwei Betroffene wird es bald Gerichtsprozesse geben. Der erste findet am 31. Mai um 9 Uhr am Amtsgericht Tiergarten statt. Die Vorwürfe der Staatswanwaltschaft lauten tätlicher Angriff, Gefangenbefreiung und Widerstand. Hier sollen Menschen, die sich gegen Polizeigewalt grade gemacht haben, zu Täter*innen gemacht werden. Nicht mit uns! Ab 8 Uhr wird es eine Soli-Kundgebung vor dem Gericht Wilsnackerstr. geben. Kommt vorbei und unterstützt die betroffene Person!

Ab 8 Uhr wird es eine Soli-Kundgebung vor dem Gericht Wilsnackerstr. geben.

Seid euch bewusst, dass eure Ausweise vor Gericht kopiert werden können und euch Handys und alles, was dem Staat irgendwie ‚gefährlich‘ erscheint, abgenommen werden kann. Lasst eure Telefone zuhause, vergesst aber die Ausweise nicht und nehmt euch bestenfalls einen Bleistift zum Mitschreiben mit. Und falls ihr am Tag selbst dabei wart, bleibt besser zu Hause. Die Cops fahnden noch nach Leuten und jede Person, die sie vor Gericht als Festbesuchende identifizieren, kann als Zeug*in benannt werden.

Was geschah aber beim „Rote Insel Fest“?

Während der Konzerte auf dem entspannten Kiezfest vor der „Roten Insel“ beschuldigten die Cops der 11. Hundertschaft einen Besucher, einen Aufkleber an einem Verkehrsschild angebracht zu haben. Der Verdacht einer solchen alltäglichen Handlung reichte aus, um die Situation komplett zu eskalieren. Die Cops jagten den Betroffenen auf den benachbarten Spielplatz. Sie stürzten sich auf ihn und drückten ihn minutenlang mit dem Kopf in den Sand. Eltern mussten ihre spielenden Kinder vor den wildgewordenen Cops wegreißen, damit diese nicht überrannt werden und die Gewalt nicht mit ansehen müssen. Darauf wurden schnell auch Teilnehmende des Fests und Nachbarinnen aufmerksam. Viele zeigten sich solidarisch und versammelten sich auf dem Spielplatz. Nun stürmten weitere Cops in den Sandkasten, um den Betroffenen abzuschirmen. Hierbei kam es zu Wortgefechten mit den Umstehenden, die von den Cops auch körperlich weggeschubst wurden. In diesem Zusammenhang nahmen die Cops eine weitere Person fest, der sie im Nachgang u.a. vorwerfen, eine Person befreit und einen Bullen auf dem Spielplatz tätlich angegangen zu haben. Letztlich gelang es den anwesenden Cops, die beiden Betroffenen zum Spielplatzausgang zu bringen, während sie sich durch die Menge der solidarischen Beobachterinnen drängten. Nachdem die Cops mit den beiden Betroffenen an ihrer Wanne ankamen, stürmte der Zugführer der Cops mit der Nummer „11300“, Eicke Bünsow, auf den Spielplatz und schlug anwesenden Beobachter*innen unvermittelt von hinten mit der Faust gegen den Kopf. Daraufhin stürzte „11300“ unglücklich und fing sich eine dicke Nase ein. Als die anderen Cops das sahen, setzten sie Pfefferspray ein und zogen das Schwein vom Platz. Während sie den mitgenommenen Zugführer in der Wanne verstauten, war deutlich zu sehen, wie im hinteren Bereich des Wagens ein Betroffener mit dem Kopf gegen die Scheibe gehauen wurde. Das brachte die beobachtende Menge zum Kochen. Im Anschluss an ihren offenen Gewaltexzess mussten die Bullen mit ihrer Wanne aus der Mansteinstraße fliehen. Einzelne Cops mussten noch hinterherrennen, weil sie nicht schnell genug in den Transporter kamen. Anschließend rächten sie sich jedoch direkt an den Betroffenen, die sie auf dem Spielplatz in ihre Gewalt gebracht hatten und misshandelten sie mit Schlägen und Tritten. Nachdem sich die Cops kurzzeitig komplett vom „Rote Insel Fest“ zurückgezogen hatten, tauchten im späteren Verlauf der Kundgebung immer mehr von ihnen auf. Sie suchten mit gezückten Tablets und frischen Videos aus den Bullen-Kameras nach den solidarischen Menschen vom Spielplatz. Leider wurde in diesem Rahmen eine weitere Person von den Cops festgenommen.

Kein Einzelfall – A.C.A.T.

Das „Rote Insel Fest“ ist nicht die erste Situation, in der die 11. Hundertschaft als besonders brutal in Erscheinung trat. Inzwischen ist sie vielmehr als Schlägertruppe bekannt. Es war die 11. Hundertschaft, die den friedlichen Proest gegen den AfD-Landesparteitag im Juni 2021 in Berlin zusammenknüppelte und mehrere Menschen krankenhausreif schlug. Der Zugführer „11100“ war mehrfach wegen seiner Gewaltausbrüche gegen Demonstrierende in den Medien und wurde deswegen inzwischen aus dem Dienst entfernt. Vor Gericht lügen die Bullen der 11. Hundertschaft dann dreist rum, um ihre Prügelexzesse zu rechtfertigen. Und meistens kommen sie damit durch. Das Vorgehen das Cops verwundert uns nicht und es ist kein Einzelfall von bestimmten Personen oder einzelnen Hundertschaften. Das Problem ist ein strukturelles. Egal unter welcher Nummer die Cops arbeiten: Sie werden vom Staat bezahlt fürs Prügeln. Eine rechtliche Kontrolle dafür gibt es faktisch nicht. Den unkritischen Zusammenhalt von Staatsanwaltschaft, Gericht und Polizei werden wir auch bei den Verfahren zum „Spielplatzmob“ wieder sehen.

Linker Selbstschutz heißt „Keine Bilder“

Die Springerpresse und die rechte Bullengewerkschaft „GDP“ übernahmen in den Tagen nach dem „Rote Insel Fest“ den Opfermythos der Schläger in Uniform und posteten haufenweise Propaganda gegen den vermeintlichen „Spielplatzmob“. Leider hatten sie bei ihrer Berichterstattung Hilfe von einem selbsternannten „Social Media-Aktivisten“. Kurz nach der Situation stellte er ein Video ins Internet, das zuerst von Springer und dann von den Bullen aufgegriffen wurde. Inzwischen wird es als vermeintliches Beweismittel gegen die Betroffenen und bisher „unbekannte Mittäter“ verwendet. Wir möchten deshalb an dieser Stelle klar betonen: Für linken Selbstschutz ist es unerlässlich, keine Videos von Kundgebungen zu machen oder sie ins Internet zu stellen. Das gilt erst recht für konfrontative Situationen. Lasst eure Smartphones oder sonstigen Aufnahmegeräte am besten komplett zu Hause, damit ihr euch und andere nicht gefährdet!

Was bleibt?

Die Cops suchen weiterhin Personen aus dem oben genannten Video: u.a. wegen (schwerem) Landfriedensbruch, tätlichem Angriff, (vers.) Gefangenenbefreiung und Körperverletzung. Bitte unterlasst Spekulationen zu dem Fall! Kursierende Gerüchte und Kneipengespräche dazu dienen nur den Cops! Anna und Arthur haltens Maul! Und nochmal: Wenn ihr denkt, dass ihr als Festbesuchende mögliche Zeug*innen und Beschuldigte werden könntet, kommt besser nicht zum Verfahren!

Auf zur solidarischen Prozessbegleitung

Alle anderen sollen sich gerne der Soli-Kundgebung vor dem Gericht und der solidarischen Prozessbegleitung anschließen. Lasst uns gemeinsam ein Zeichen gegen das #polizeiproblem setzen. Jeder Spielplatz braucht einen solidarischen Mob!