Proteste gegen Gaza-Krieg in Berlin – Rote Hilfe verurteilt Repression und Diskriminierung

Die Rote Hilfe Berlin verurteilt die anhaltende Repression und rassistische Diskriminierung gegen Menschen, welche sich gegen den Krieg in Gaza, die Angriffe auf die palästinensische Zivilbevölkerung sowie für eine Waffenruhe aussprechen.

Seit dem 07. Oktober wurden in Berlin so gut wie alle Demonstrationen und Kundgebungen mit Bezug zu Palästina verboten. Teilweise erfolgten die Verbote so kurzfristig, dass Teilnehmer*innen erst vor Ort davon erfuhren, als sie von der Polizei gewaltsam geräumt wurden. Wer die letzten Wochen in Berlin, besonders in Neukölln, durch die Straßen gelaufen ist, weiß: Der gesamte Kiez wurde mehr als drei Wochen regelrecht von der Polizei belagert. Immer wieder fuhren größere Trupps Wannen durch die Straßen, standen Wasserwerfer und Räumfahrzeuge bereit oder ganze Kreuzungen wurden kurzerhand mit riesigen Flutlichtern ausgeleuchtet um der vermeintlichen Bedrohung vorzubeugen. Gruppen von behelmten Polizist*innen standen am Hermannplatz oder auf der Sonnenallee und kontrollierten Menschen aufgrund von rassistischen Zuschreibungen oder wegen des Tragens palästinensischer Symbole und Fahnen. Etliche Fälle schwerer Polizeigewalt wurden in den vergangenen Wochen dokumentiert und im Internet verbreitet.

Wir wünschen allen Betroffenen viel Kraft und gute Besserung und laden alle Menschen, welche aufgrund ihrer linken politischen Betätigung Repression erfahren (haben) zu uns in die Beratungen ein!

Der „Kufiya-Erlass“ der Senatsverwaltung erlaubt Berliner Schulen „zum Schutz des Schulfriedens“ das Tragen palästinensischer Symbole zu verbieten. Dieser Frieden besteht nach Berichten antirassistischer Beratungsstellen in einer massiven Einschüchterung von Schüler*innen, die der staatlich verordneten Sichtweise auf den Nahostkonflikt widersprechen – bis hin zur Gewaltanwendung. Bundesweit bekannt geworden war der Vorfall am Neuköllner Ernst-Abbe-Gymnasium, wo ein Lehrer einen Schüler geohrfeigt hatte. Auch die anschließende Protestkundgebung von Eltern und Schüler*innen wurde von der Polizei verboten und aufgelöst.

Dieses Vorgehen rechtfertigt die Berliner Politik und Polizei, begleitet von einer medialen Kampagne, mit dem vermeintlichen Schutz vor Antisemitismus. Dabei wird hier weder ein Unterschied darin gemacht, wer die Veranstaltungen organisiert oder wer sie besucht, noch was dort passiert. Stattdessen können wir seit dem 07. Oktober beobachten, wie sich der öffentliche Ton gegenüber Palästina-solidarischen Menschen und Veranstaltungen verschärft.

Diese Zuschreibung und Unterstellung diffamiert all jene Menschen, welche sich für die Rechte der Palästinenser*innen einsetzen, verklärt sie zu einer homogenen Masse und schürt rassistische Vorurteile, indem sie als Gefahr dargestellt werden.

Am Donnerstag den 02.11.2023 hat das Bundesinnenministerium wie angekündigt die palästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk Samidoun verboten.

Von dem Verbot umfasst sind nicht nur Betätigungen wie Öffentlichkeitsarbeit oder das Zeigen von Symbolen. Vielmehr verbietet der Bescheid ausdrücklich auch „die Parole „Vom Fluss bis zum Meer“ (auf Deutsch oder in anderer Sprache)“, die international schon lange vor Gründung von Samidoun weit verbreitet war. Bislang hatte das Berliner Verwaltungsgericht ein Verbot der Parole abgelehnt. Die Parole müsse, so das Gericht „in erster Linie als Ruf nach Freiheit und Gleichberechtigung verstanden werden und nicht als Ausruf zu Gewalt und Zerstörung, sofern nicht zwingende zusätzliche Anhaltspunkte das Gegenteil nahelegen würden.“

Ausgehend von unserer strömungsübergreifenden Praxis – welche sich keine inhaltlichen Position von Gruppen und Personen zu eigen macht, sondern sich daran orientiert, wie die Bewegung diese bewertet – verstehen wir das Verbot von Samidoun als Angriff auf palästinasolidarische Menschen und Gruppen und verurteilen ihn ebenso wie die Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Wir als linke Schutz- und Solidaritätsorganisation bleiben dabei: Im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus können und werden wir uns nicht auf den deutschen Staat verlassen Wir erinnern daran, dass die Justiz und Polizei regelmäßig rassistischen und antisemitischen Demonstrationen deutscher Faschist*innen den Weg frei machen, während immer neue rechtsextreme Polizeichatgruppen auffliegen und ohne ernstzunehmende Konsequenzen bleiben. Gleichzeitig werden unsere Genoss*innen aufgrund ihres antifaschistischen Engagements überwacht, mit Geldstrafen überzogen und in den Knast gesteckt.

Wir lassen uns nicht spalten und sind solidarisch mit allen Menschen, welche aktuell aufgrund ihrer linken politischen Betätigung für ein freies Palästina und eine sofortige Waffenruhe Repression erfahren!