Ältere Redebeiträge zu Polizei(gewalt)

– Doch wie eh und je bleibt es aktuell

Wir veröffentlichen hier im Nachgang zwei ältere Redebeiträge von uns. Der erste Beitrag wurde auf der „Umverteilen“ Demo, am 12.11.22 gehalten und der zweite bei der Kundgebung „was tun gegen Gewalt an Menschen in Krisen“, am 13.11.22.


Beitrag vom 12.11

Hallo Liebe Mitstreiter:innen, hallo liebe Genoss:innen, ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe Berlin, schön, dass ihr alle da seid!

Die Ampel-Koalition sagt uns, wir müssen zusammenhalten.
Wenn wir alle weniger duschen und heizen, kämen wir schon gut durch die sogenannte Krise und die Inflation.
Dazu wird ein wenig am Mindestlohn rumgeschraubt und einen kleinen Heizkostenzuschlag gibt es auch. Welch ein blanker Hohn!

Unsere Mieten waren schon VOR der sogenannten Krise viel zu hoch, schon VOR der Explosion der Preise lebten 13 Millionen Menschen in Deutschland in Armut. Jetzt gesellen sich noch astronomische Energie- und Lebenshaltungskosten dazu während Konzerne und Banken Rekordgewinne einfahren oder mit Rettungsschirmen gerettet werden.

Gleichzeitig gibt es Institutionen, die von den verantwortlichen Parteien, sowohl in der Bundesregierung als auch hier in Berlin, fröhlich immer weiter mit Steuergeldern gefüttert und technisch aufgerüstet werden. 
Und zwar Repressionsorgane wie die Polizei und der Verfassungsschutz! Organe, die unfähig sind ihre internen rechten Netzwerke zu bekämpfen, da diese ein Produkt ihrer grundlegenden Arbeits- und Denkweise sind. Aber auch die Bundeswehr, wo sich rechte Denkweisen und Faschist:innen aus den gleichen Gründen wohlfühlen.

  • 100 Milliarden Euro will die Bundesregierung die nächsten Jahre in die Bundeswehr stecken
  • in Berlin werden jährlich knapp zwei Milliarden Euro für die Polizei ausgegeben, 
  • 21 Millionen Euro wurden in den letzten fünf Jahren alleine in neue Dienstwaffen investiert
  • 3,8 Millionen Euro soll die neue Polizeiwache am Kottbusser Tor kosten

Der bürgerliche Staat und seine parlamentarischen Gremien bezeichnen sich als Beschützer der Gesellschaft, als Hüter der Ordnung und der Sicherheit in diesem Lande. Diese hochgerüsteten Polizei- und Repressionsapparate sind jedoch KEINE Lösung für eine sichere Lebenssituation aller Menschen.
Sie sind KEIN Weg und KEINE langfristige Antwort darauf, wie der Staat Verantwortung für soziale Missstände und sich zuspitzende Probleme übernehmen könnte.
Diese hochmilitarisierten Bullen und rechten Verfassungsschützer:innen sollen den Status Quo bewahren! 
Sie sollen die kapitalistische Ungleichheit aufrecht erhalten und sie sollen die endlose Ausbeutung von Arbeitskraft und Natur zugunsten einiger Weniger absichern!
Somit führt letztlich kein Weg dran vorbei: 
Wer für Veränderungen kämpft, muss auch einen Kampf für die Abschaffung der Polizei und des Verfassungsschutzes führen!!

Wir gehen heute gemeinsam auf die Straße um gegen jegliche Form der Ausbeutung zu kämpfen. Es sind viele verschiedene Gruppen, Initiativen und Genoss:innen versammelt, wir haben unterschiedliche Schwerpunkte, Herangehensweisen und arbeiten an verschiedenen Orten und Themen. 
Egal, ob lokale antifaschistische Arbeit oder internationaler Klimaprotest;
egal, ob Arbeitskämpfe, feministische oder antirassistische Kämpfe – 
Wir sind neben unserem Willen für Veränderungen und der Stärkung gemeinschaftlicher Lösungen auch in einem anderen Punkt geeint:
Unsere Proteste werden kriminalisiert und die Kämpfenden bedroht, eingeschüchtert, verfolgt und mit Repression überzogen. Ebenso werden Menschen in ihrem Alltag schikaniert, kontrolliert und aus den Städten und ihren Wohnungen gedrängt.

In Bayern werden Klimaaktivist:innen gerade ohne Anklage oder Verfahren für 30 Tage in Unterbindungsgewahrsam gehalten; 
an den sogenannten „kriminalitätsbelasteten Orten“ hier in Berlin soll unter dem Vorwand der Kriminalitätsbekämpfung der lange Arm des europäischen Grenzregimes schalten und walten dürfen und Menschen werden rassistisch kontrolliert;
selbstverwaltetes Wohnen und Leben wird kriminalisiert, zwangsgeräumt und der Profitgier des ach so freien Marktes zum Fraß vorgeworfen;
Trans- und queere Menschen werden auch hierzulande von der Gesellschaft bedroht oder ermordet, Protest dagegen wird unterdrückt, Betroffene und solidarische Menschen auf die Anklagebank gezerrt.
Doch gegen diese Unterdrückung unseres Protestes und die manchmal vielleicht unüberwindbar und erdrückend erscheinende Repression können wir was tun, liebe Mitstreiter:innen und liebe Genoss:innen:
Wir können zusammenstehen und uns nicht von Staat oder bürgerlicher Presse spalten lassen! 
Wir können trotz unterschiedlicher politischer Ansätze und Ideen solidarisch miteinander sein, wenn Menschen und Gruppen von den gewalttätigen Schergen des Staates angegriffen oder vor Gericht gestellt werden!
Wir können uns über die persönlichen oder psychischen Auswirkungen von Repression austauschen, uns informieren und unsere Wut teilen!

Die Rote Hilfe als strömungsübergreifende Antirepressionsorganisation steht mit allen Menschen und Gruppen solidarisch zusammen, die den staatlichen Angriffen ausgesetzt sind! Sprecht uns gerne an oder kommt in unsere Beratungsstunden!

Lasst uns dort ein Band der Solidarität und der Gemeinsamkeit knüpfen, wo wir vereinzelt und eingeschüchtert werden sollen!

Vielen Dank und solidarische Grüße an euch alle!

Mehr dazu hier: https://www.umverteilen.jetzt/de/


Beitrag vom 13.11

Liebe Genoss:innen, Liebe Mitstreiter:innen,

vielen Dank für die Einladung. Ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe. Wie auch viele meiner Vorredner:innen schon angemerkt haben, ist die Polizei keine Hilfe, für Menschen in Krisen.
Die Polizei wird oft von anderen, aber auch von sich selbst als Lösung für schwierige Situationen verkauft. Sie würden ja schließlich für Sicherheit sorgen, ansprechbar sein für die belange der Bewohner:innen und auch immer hilfsbereit sein.


Doch die primäre Funktion der Polizei ist es, die gesetzliche erlaubte und auch gewünschte Ausbeutung und daraus resultierende Ungleichverteilung aufrecht zu erhalten. Individuelle ökonomische Reichtümer, werden vor einem wahren gesellschaftlichen Wohlstand für alle geschützt. Gleichzeitig bleiben die Polizist:innen eine elementare Stütze, für den staatlichen Rassismus. Sie halten die Grenzen aufrecht, indem sie unerwünschte Migrant:innen Landesweit verfolgen, einsperren und abschieben.
Und zur guter Letzt, inszenieren sie ein Gefühl der Sicherheit auf den Rücken anderer. Dafür schikanieren und kriminalisieren sie unter anderem Migrant:innen, Obdachlose, Schwarze Menschen, Jugendliche, aber auch Menschen die sich „unüblich“ verhalten oder die sich gerade in sichtbaren Krisen befinden.

Die Polizei ist somit indirekt mitverantwortlich für viele Lebenskrisen, da die die Rahmenbedingungen stützt, die diese verstärken oder gar ermöglichen.
Denn diese Krisen sind auch oft ein Produkt von existentiellen Ängsten, einer mangelnden Zukunftsperspektive, aber auch einer verstärkten alltäglichen Belastung durch Kontrollen, Kriminalisierung, Abgrenzung und Armut.

Und selbst wenn es mit äußern rahmenbedigungen nichts zu tun haben sollte, so gibt es viele Gründe, warum Polizist:innen, besonders ungeeignet sind soziale und persönliche Krisen zu lösen.
Ihre bloße Erscheinung, mit Uniformen, Waffen und Ausrüstung wird verständlicherweise als bedrohlich wahrgenommen. Wie soll jemand sich beruhigen können, wenn sich ihm vier bis acht Beamt:innen vor oder um ihn stellen?
Und dabei dürfen wir ja auch nicht, das typische polizeiliche Verhalten vergessen. Sie verhalten sich oft autoritär, zeigen wenig Empathie, sind kompromisslos und lassen jeden und jede klar spüren, dass sie die Staatsgewalt sind. Da ist einfach kein Platz für ein Gespräch auf Augenhöhe. Das Würde ja die Autorität untergraben.
Was diese Einsätze aber besonders gefährlich macht, ist dass eigene Selbstverständnis der Polizist:innen. Wie sie in völliger Selbstüberschätzung falsch davon ausgehen, dass das Gewaltmonopol ihnen den Auftrag gibt, Situationen mit Gewalt aufzulösen, in denen Gewalt ein völlig ungeeignetes und tödliches Mittel ist. Wie wäre es mal mit Abstand und Geduld auf so eine Situation einzugehen, statt mit Pfefferspray und Knüppeln Öl ins Feuer zu gießen?
Das daran sich nichts ändern wird, zeigt auch das Verhalten nach schwerwiegenden oder gar tödlichen Einsätzen. Uns ist natürlich klar, dass die allermeisten Polizist:innen, niemals erfahren werden, was im Einzelnen genau passiert ist.
Jedoch bilden und erhalten sie gemeinsam ein System, welches dass Fehlverhalten der Kolleg:innen unter dem Teppich kehrt und dadurch hängt der Ermittlungsdruck nur von den Opfer, Angehörigen oder Aktivist:innen ab. Dabei wird diesem Ermittlungseifer alle möglichen Steine in dem Weg gelegt.
Von den Gerichten, vieler Medien und Vorgesetzten müssen die Täter:innen keine wirklichen Konsequenzen fürchten. Exzessive Gewalt, und auch Todesschüsse werden reflexartig uns immer als Verhältnismäßig, Notwehr oder als alternativlos präsentiert. Wir können und wollen es nicht mehr hören.

Menschen, die suizidal sind, sich gerade in einer Krise befinden oder die einfach Schwierigkeiten haben, sich so zu verhalten wie es von außen gewünscht ist, sind besonders von Polizeigewalt betroffen. Die gesellschaftliche Stigmatisierung vereinfacht das Desinteresse einer wahren Aufklärung oder Konsequenzen.
Für uns als linke strömongsübergreifende Solidaritätsstruktur ist klar, dass wahre Veränderungen mit Repression und Kriminalisierung beantwortet wird. Ob bei der Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit zu einzelnen Todesfällen, aber auch andere Proteste, die für eine gerechte und bessere Zukunft kämpfen. Denn beides geht einher, das ende der Stigmatisierung von Menschen in psychischen ausnahmensituationen, aber auch die Verbesserung der Lebensqualität von allen.
Lassen wir uns daher nicht spalten und sind trotz, oder vielleicht auch gerade wegen unsere Unterschiede, solidarisch zueinander. Niemand, der für wirkliche Veränderungen Repression erfährt, sollte damit alleine gelassen werden.

Nochmal vielen Dank, an alle Betroffenen, Angehörigen, Freund:innen, Bekannt:innen, Mitstreiter:innen und Initiativen, die fortdauern die gegen die Stigmatisierung von Menschen in Krisen kämpfen, und die Täter Opfer Umkehrung der Polizei und anderen nicht einfach so stehen lassen.

Danke.

Mehr dazu hier: https://radioaktivberlin.nostate.net/2022/12/07/demo-fuer-mumia-abu-jamal-hungerstreik-alfredo-cospito-in-italien-strategien-gegen-toedliche-polizeigewalt-in-deutschland/