Redebeiträge vom 15.3 und 18.3

Wir veröffentlichen hier jeweils die Redebeiträge zum Internationalen Tag gegen Polizeigewalt und zum Tag der politischen Gefangenen.

Die Rede am 15.03.22 haben wir zusammen mit Women in Exile geschrieben und gehalten, auf französisch und deutsch.

Redebeitrag vom 15.03:

Liebe Genoss:innen, Liebe Mitstreiter:innen und Liebe Parkbesucher:innen,

wir haben uns heute, am internationalen Tag gegen Polizeigewalt, versammelt, um für mehr Solidarität statt Kriminalisierung zu kämpfen.
Wir grüßen euch im Namen von Women in Exile und der Rote Hilfe. Wir sind zwei Gruppen mit unterschiedlichen Themen und Erfahrungen.
Women in Exile wird seit 20 Jahren von Geflüchteten Frauen selbst organisiert, da diese doppelt Opfer von Diskriminierung sind. Sie werden als Asylbewerberinnen* durch rassistische Gesetze ausgegrenzt und als Frauen* diskriminiert. Neben viel Öffentlichkeitsarbeit und Aktionen, besuchen sie die Frauen direkt in den Lagern, vernetzen sich und bieten unter anderem Workshops an.
Die Rote Hilfe wiederum bietet seit Jahrzehnten eine Solidaritätsorganisation für all diejenigen, die wegen ihrer linken politischen Aktivität von den staatlichen Repressionen drangsaliert werden. In Berlin bietet sie untser anderem regelmäßige Beratungen und beteiligt sich an den unterschiedlichen Bündnisarbeiten.

Trotz unserer unterschiedlichen Schwerpunkte eint uns nicht nur der Kampf für eine besseres Zukunft, ohne Sexismus, Rassismus, mörderischen Grenzen und jeglicher Form von Repression und Ausbeutung, sondern uns eint leider auch unsere alltägliche direkte und indirekte Erfahrung mit der
unterdrückenden Staatsgewalt.
Menschen, die wegen Ihrer Herkunft und Flucht kriminalisiert werden, laufen ständig Gefahr von Polizist:innen beleidigt, gedemütigt, eingesperrt und abgeschoben zu werden. In Deutschland sind uns 208 Fälle bekannt, seit 1990, in denen Geflüchtete, Migrant:innen und Schwarze durch und in
Polizeigewahrsam oder in Knästen ermordet oder gestorben sind. Diese Dunkelziffer, enthält nicht mal die uns bekannten Todesfällen nach erfolgter Abschiebung. Alleine im Jahr 2020 starben in Berlin Ferhat Mayouf, Marius K, Mohamed S und Mehmet B im Knast und durch Polizeischüsse.


Reflexartig spricht die Polizei und Staatsanwaltschaft immer von Notwehr oder Suizid. Die wenigen Fälle, in denen die Angehörigen, Freund:innen und andere Aktivist:innen das Narrativ kämpferisch und dauerhaft in Frage stellen, wie zum Beispiel, bei Oury Jalloh, Hussam Fadl oder Ferhat Mayouf beweisen ganz klar, dass weder der Polizei, noch der Justiz blind vertraut werden darf. Ganz im Gegenteil, eine ernsthafte Aufklärung der Todesumstände wird massiv gestört, um die Illusion der Unfehlbarkeit der Exekutive aufrechtzuerhalten.

Natürlich gibt es Nazis, Fachist:innen und Rassist:innen in der Polizei. Die Behauptung, diese seien isolierte Einzelfälle werden durch die ganzen rechten Polizeichats, NSU 2.0 Drohungen und Recherchen ganz klar widerlegt. Doch das viel größere Problem der Polizei sind nicht die vielen
einzelnen Beamt:innen, sondern ihre Grundfunktion und gesellschaftliche Aufgaben die sie übernimmt. Die Exekutive führt die rassistischen Gesetze in Deutschland durch. Sie lauern den Menschen auf, prügeln sie nachts aus ihren Zimmern raus und fesseln sie um sie dann in einer ungewissen Zukunft abzuschieben. Sie kontrollieren die Grenzen und gewisse Knotenpunkte um illegalisierte Menschen direkt zu inhaftieren oder wieder an die Grenzen zu schieben.
Darüber hinaus kontrollieren sie die öffentliche Plätze und vertreiben all diejenigen, welche dem deutschen, weißen mittel- und Oberschicht ein Dorn im Auge sind. Davon sind besonders Geflüchtete, Obdachlose, sowie junge Migrant:innen und Schwarze betroffen.
So ist zum Beispiel Racial Profiling, welches auch hier in diesem Park flächendeckend angewandt wird, kein zufälliger Rassismus, sondern wird systematisch angewendet, um gezielt gewisse Menschen aus dem Park zu vertreiben.
Und eine Kriminalisierung von Armut, unsicheren Aufenthalt und Perspektivlosigkeit löst keine Probleme, sondern verschlimmert und verlagert diese nur. Die Polizei ist dadurch für viele Menschen kein sicherer Hafen, sondern eine reale Bedrohung.

Wer zum Beispiel von Rassist:innen und Nazis attackiert wird, begeht bei jedem Polizeiruf, die Gefahr einer Täter-Opfer Umkehrung, einer Retraumatisierung oder noch schlimmeres. Geflüchtet Frauen sind dazu noch von dem Sexismus, sowie möglichen sprachlichen und physischen
Übergriffen ausgesetzt, in einem geschlossen Raum, der keine wirksamen Schutzmechanismen aufweist.
Wenn wir diese Umstände ändern wollen, dann können wir uns nicht einfach begnügen mit Forderungen und Bitten an den Verantwortlichen. Nur durch vielfältige und stetige Arbeit kann genug Druck erzeugt werden, dass die Probleme nicht mehr ignoriert werden können. Die Polizei kann nicht einfach reformiert werden, sie gehört, so wie sie jetzt ist, abgeschafft.
Doch die Exekutive verteidigt sich selbst und den Status Quo mit all ihren Mitteln.

Es ist kein Wunder, dass diese und die Justiz mit aller Härte zuschlägt, wie zum Beispiel am vergangenen 1. Mai in Berlin. Die linken Bewegungen sollen damit diskreditiert werden. Das dürfen und werden wir nicht so hinnehmen. Dabei ist es egal, ob organisierte Strukturen und Gruppen ins Kreuzfeuer geraten oder Menschen sich spontan gegen ihre eigene Kriminalisierung wehren oder sich solidarisch einmischen. Wir lassen uns nicht spalten. Niemand darf mit der Repression alleine gelassen werden. Unsere Solidarität ist stärker als juristische Tatvorwürfe und polizeiliche
Kriminalisierungen.

Gemeinsam gegen rassistische und tödliche Polizeigewalt sein, heißt auch
Gemeinsam Widerstand gegen ihre Repression leisten.

Lasst uns Demonstrieren, Organisieren, Austauschen, vernetzten, Bündnisse schmieden und Aktionen planen, damit wir uns nicht nur gegen Polizeigewalt wehren, sondern diese auch abschaffen können.
No Justice, no Peace – Fight the police

Chers camarades, chers compagnons de lutte et chers visiteurs du parc,

Nous nous sommes réunies aujourd’hui, dans le cadre de la journée internationale contre la violence policière, pour lutter pour plus de solidarité au lieu de la criminalisation.

Nous vous saluons au nom de Women in Exile et de Rote Hilfe. Nous sommes deux groupes avec des thèmes et des expériences différents.

Women in Exile est organisé depuis 20 ans par des femmes réfugiées elles-mêmes, car elles sont doublement victimes de discrimination. En tant que demandeuses d’asile*, elles sont exclues par des lois racistes et discriminées en tant que femmes*. En plus de beaucoup de campagnes publiques et d’actions, elles rendent visite aux femmes directement dans les camps, créent des réseaux et proposent entre autres des workshops.

Quant à la Rote Hilfe, elle offre depuis des décennies une organisation de solidarité à tous ceux qui sont harcelés par la répression de l’État en raison de leur activité politique de gauche. A Berlin, elle propose entre autres des consultations régulières et participe aux différents travaux d’alliance.

Malgré nos différences, nous sommes unis non seulement par la lutte pour un avenir meilleur, sans sexisme, racisme, frontières meurtrières et toute forme de répression et d’exploitation, mais aussi, malheureusement, par notre expérience quotidienne, directe et indirecte, de la violence d’État oppressive.

Des personnes criminalisées en raison de leur origine et de leur fuite courent constamment le risque d’être insultées, humiliées, emprisonnées et expulsées par des policiers. En Allemagne, nous avons connaissance de 208 cas, depuis 1990, dans lesquels des réfugiés, des migrants et des Noirs ont été assassinés ou sont morts en détention policière ou dans des prisons.

Ce chiffre ne comprend même pas les cas de décès dont nous avons connaissance après une déportation. Rien qu’en 2020 à Berlin, Ferhat Mayouf, Marius K, Mohamed S et Mehmet B sont morts en prison et sous les balles de la police. Par réflexe, la police et le ministère public parlent toujours de légitime défense ou de suicide. Les rares cas où les proches, les amis et autres activistes remettent en question le récit de manière combative et durable, comme par exemple pour Oury Jalloh, Hussam Fadl ou Ferhat Mayouf, prouvent clairement qu’il ne faut pas aveuglément faire confiance à la police ou à la justice.

Bien au contraire, une enquête sérieuse sur les circonstances de la mort est massivement perturbée afin de maintenir l’illusion de l’infaillibilité du pouvoir exécutif.

Bien sûr, il y a des nazis, des fascistes et des racistes dans la police.L’affirmation selon laquelle il s’agit de cas isolés est clairement démentie par tous les groupe messager de la police de droite, les menaces de mort du NSU 2.0, et les recherches.

Mais le problème bien plus important de la police n’est pas la multitude de fonctionnaires individue, mais sa fonction de base et les tâches qu’elle accomplit. Le pouvoir exécutif applique les lois racistes en Allemagne. Ils guettent les gens, les battent hors de leur lit la nuit et les ligotent pour les expulser ensuite vers un avenir incertain.

Ils contrôlent les frontières et certains points de passage afin d’emprisonner directement les personnes en situation irrégulière ou de les reconduire à la frontière.

En outre, ils contrôlent les lieux publics et expulsent tous ceux qui sont indésirables pour les classes moyennes et supérieures blanches allemandes. Les réfugiés, les sans-abri, les jeunes migrants et les Noirs sont particulièrement concernés.

Le profilage racial, par exemple, qui est également appliqué dans ce parc, n’est pas un racisme accidentel, mais est utilisé de manière systématique pour chasser certaines personnes du parc de manière ciblée.

Et criminaliser la pauvreté, la précarité du séjour et l’absence de perspectives ne résout pas les problèmes, mais ne fait que les aggraver et les déplacer.

Pour de nombreuses personnes, la police n’est donc pas un refuge sûr, mais une menace réelle.

Ceux qui sont attaqués par des racistes ou des nazis risquent, à chaque fois que la police intervient, de se retrouver forcer dans le rôle de l’agresseur, d’être ré-traumatiser ou pire encore. Les femmes réfugiées sont en outre exposées au sexisme et à d’éventuelles agressions verbales et physiques, dans un espace fermé qui ne présente pas de mécanismes de protection efficaces.

Si nous voulons changer ces circonstances, nous ne pouvons pas nous contenter de demander et d’implorer les responsables. Seul un travail diversifié et constant peut créer une pression suffisante pour que les problèmes ne puissent plus être ignorés. La police ne peut pas être simplement réformée, elle doit être supprimée telle qu’elle est actuellement.

Mais l’exécutif se défend soi-même et le statu quo avec tous ses moyens. Il n’est pas étonnant que celui-ci et la justice frappent avec toute la force, comme par exemple le 1er mai dernier à Berlin.

Les mouvements de gauche doivent ainsi être discrédités. Nous ne devons pas accepter cela et nous ne le ferons pas.

Cela ne fait aucune différence que des structures et des groupes organisés soient la cible ou des personnes qui se défendent spontanément contre leur propre criminalisation ou s’impliquent de manière solidaire.

Nous ne nous laisserons pas diviser. Personne ne doit se retrouver seul face à la répression. Notre solidarité est plus forte que les accusations juridiques et les criminalisations policières.

S’opposer ensemble aux violences policières racistes et meurtrières signifie aussi Résister ensemble à leur répression.

Manifestons, organisons, échangeons, connectons nous, forgeons des alliances et planifions des actions pour que nous puissions non seulement nous défendre contre la violence policière, mais aussi l’abolir.

No Justice, no Peace – Fight the police

Redebeitrag vom 18.03:

Liebe Genoss:innen,

Super, dass ihr heute am 18.März , dem Tag der politischen Gefangenen, hier her gekommen seid.

Ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe Ortsgruppe Berlin.

Wir sind heute hier, um unsere Solidarität mit allen politischen Gefangen weltweit auf die Straße zu bringen.

Überall auf der Welt sind Aktivist:innen eingesperrt.
Sie sind eingesperrt, weil sie sich wehren,
sie sind eingesperrt, weil sie anders sein wollen als es ihnen die jeweils herrschenden Machtstrukturen vorgeben,
weil sie ein anderes Leben führen wollen,
ein Leben in Freiheit in Selbstbestimmung, frei von Ausbeutung jeder Art.
Und weil sie dafür gekämpft haben, dass ein solches Leben alle Menschen führen dürfen.

Von den USA, über Saudi Arabien, die Türkei, Russland, Großbritannien, Griechenland, China, Jemen, Spanien..
ich könnte alle Staaten dieser Welt aufzählen wo Antimillitarist;innen, Antirassist:innen Feminsiti:nnen, Aktivist:innen der Queeren Bewegung, Umweltaktivist:innen und alle fortschrittlichen Menschen mit staatlicher Repression und Freiheitsberaubung Mundtot gemacht werden sollen.

Auch hier in Deutschland haben wir Genoss:innen hinter Gittern.

In Chemnitz, sitzt die Antifaschistin Lina seit weit über einem Jahr wegen eines konstruierten 129 Verfahrens in Untersuchungshaft,
in Koblenz, der kurdische Genosse Gökmen Çakil.
In Hamburg sitzt seit fünf Jahren der Kommunist Musa Aşoğlu
und in Freiburg, seit nun über 25 Jahren, der Red-Skin, Thomas Meyer-Falk
und gar nicht weit von uns hier in Berlin, Mustafa Celik, dem eine Mitgliedschaft in der PKK vorgeworfen wird

Um nur einige zu nennen…

Überall sind die Knäste voll von Menschen, die vom Staat kriminalisiert und vom Kapital ausgebeutet werden.
Sie werden einerseits von der Gesellschaft isoliert und gleichzeitig, soll deren Freiheitsberaubung auch als eine Warnung an alle Menschen außerhalb der Knastmauern dienen.
Das Signal heißt, mischt euch nicht ein,
muckt nicht auf,
lass uns machen,
lasst uns herrschen,
sonst lochen wir euch ein.

Wir lassen uns von dieser Drohung jedoch nicht abschrecken.
Wir werden unsere Genoss:innen, wir werden alle kämpfenden Inhaftierten nicht alleine lassen.
Wir dürfen nicht diejenigen zurücklassen, die auf der Straße auf unserer Seite waren und auch nicht diejenigen, die innerhalb der Mauern für ein besseres Morgen, ohne Repression und Ausbeutung ringen.

Politische Justiz beginnt nicht im Knast, sie beginnt in politisch motivierten Ermittlungen der Polizei sie führt sich fort in den politischen Anklageschriften der Staatsanwaltschaften und mit Politischen Gerichtsprozessen und Urteilen.

Immer wenn die Justiz und die Polizei einzelne von uns angreifen und einsperren, dürfen wir nie vergessen, dass wir nicht trotz, sondern gerade wegen unserer unterschiedlichsten sozialen, praktischen und ideologischen Hintergründe Strömungsübergreifend zusammenhalten müssen.

Solidarität ist eine Waffe die wir alltäglich und unermüdlich nutzen müssen.
Wir lassen uns nicht spalten, sondern rücken zusammen, um mit geschlossener Faust ihre Knäste und ihre Repression zu zerschmettern.

Die Rote Hilfe ist dabei stets ein Teil von euch.

Dankeschön und kommt alle wieder gut und frei nach Hause
Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen!