Redebeiträge und Zusammenfassung der Kundgebung „Schluss mit tödlicher Polizeigewalt“

Redebeitrag Rote Hilfe Berlin

Liebe Genoss:innen, liebe Mitstreiter:innen und liebe Passant:innen,

Ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe Berlin. Wir danken all denen, welche diese reaktive Kundgebung möglich gemacht haben. Leider schafft es niemand von uns diesen Beitrag heute vor Ort zu halten, doch wir stehen an eurer Seite.
Wir haben uns heute hier am Mahnmal versammelt, um allen Menschen tödlicher Polizeieinsätze zu gedenken, aber auch um klar zu machen, dass es keine weiteren Tote geben darf. Die systematische staatliche Gewalt muss erkannt und bekämpft werden.

Am 2.8 wird ein 23 Jähriger in Frankfurt und ein Tag später Jozef Berditchevski in köln erschossen.
Am 7.8 stirbt ein 39 Jähriger nach Gewaltanwendung in Recklinghausen.
Und wieder ein Tag später wird der 16 Jährige Mouhamed Lamine in Dortmund von fünf Kugeln tödlich getroffen.

Diese vier Todesfälle innerhalb einer Woche scheinen auf einen neuen Höhepunkt hinzudeuten. Doch vergessen wir nicht, liebe Genoss:innen, wie diese Gewalt seit jeher Bestandteil der Polizei ist. Wie es alleine in diesem Jahr 2022 noch sieben weitere Todesfälle gibt. Drei wurden erschossen, vier weitere starben nach den unterschiedlichen Gewaltanwendung, wie zum Beispiel der Obdachlose Marcel, der hier in Berlin im April von der Polizei vertrieben und tödlich verletzt wurde. Vergessen wir auch nicht, wie präsent und alltäglich die Bullen durch unsere Straßen, in unseren öffentlichen, aber auch Privaten Räumen eindringen. Wie sie jeden Tag tausendfach zur Hilfe gerufen werden, auch bei den kleinsten und belanglosesten Konflikten, die oft einfach durch einen direkten Austausch gelöst werden könnten. Wie sie jeden Tag, ob wegen blinder Gehorsamkeit, Rassismus, Langeweile, Verachtung oder Schadenfreunde hunderte Menschen anhalten, Kontrollieren und demütigen. Wie sie sich aggressiv vermarkten, als emanzipatorisch, Demokratie freundlich, vielfältig, unfehlbar, cool und doch nahbar. Wie sie sich einfach bei alldem sicher und unantastbar fühlen, als müssten sie nichts befürchten.

Und wer kann ihn letzteres verübeln? Sie erhalten juristische Rückendeckung von der Staatsanwaltschaft und den Gerichten, bekommen eine Einseitige Berichterstattung durch viele Medien und sie werden vom Staat mit immer mehr Ausrüstungen und Befugnissen ausgestattet.
Das ist nicht verwunderlich. Ohne die Polizei, wäre die Ausbeutung, Vertreibung, Kriminalisierung vieler Menschengruppen gar nicht machbar. Die dabei entstehenden Probleme wie z.B. Armut sollen von den gleichen gewaltsam gelöst werden, die sie überhaupt ermöglichen. Die wenigsten Menschen werden gezielt umgebracht, aber günstigere Rahmenbedingungen dafür werden bewusst erhalten oder gar erweitert. Bei diesen Eskalationen, nimmt der Staat immer willentlich einige Tode in Kauf, daher sprechen wir auch von Mord. Auf dem Rücken der Opfer, schützt die Polizei eine ungerechte Verteilung in der Gesellschaft und somit den Status Quo.

Daher gibt es auch gar keine Anreize für den Staat und der Polizei was zu ändern. Es sind uns soviel einfache Lösungen bekannt, die schnell umgesetzt werden könnten. Zum Beispiel, Therapeut:innen zu Menschen in Krisensituationen senden, statt die uniformierte Exekutive. Oder die Ermittlungen nach Todesfällen Externen Akteur:innen zu überlassen, statt nur einen anderen Polizeiabschnitt damit zu beauftragen. Die Aufklärung wird immer wieder sabotiert, verhindert oder verdreht. Es scheint, als gäbe es hier nichts, was irgendwie reformierbar wäre. Es führt kein Weg dran vorbei, die Polizei gehört in ihrer jetzigen Form abgeschafft.

Von diesem weitem Ziel dürfen wir uns nicht durch Kriminalisierung und Repression abbringen lassen. Wir müssen dabei zusammenhalten. Trotz aller Unterschiede, die wir inhaltlich oder methodisch haben, so eint uns doch der Kampf für eine bessere Zukunft.
Als strömungsübergreifende Antirepressionsstruktur, wissen wir wie wichtig es ist, dass wir interne Kritik und Auseinandersetzungen solidarisch austragen und voneinander lernen müssen, anstatt dass wir uns voneinander distanzieren. Wir lassen uns nicht spalten.
Denn, liebe Genoss:innen, Solidarität ist eine Waffe, die wir alltäglich gebrauchen müssen. Lasst uns gemeinsam das jetzige System abschaffen.
Das sind wir allen Menschen schuldig, vor allem denen wir heute hier gedenken.

No justice no peace
fight the police


Übersicht (Start bei dem Radioprogramm / Text auf Seite…):

Death in Custody (13:50)
Migrantifa (22:49 / S. 2)
Kritische Jurist:innen (28:40 / S. 3)
KOP und Reach Out (35:03)
Ihr seid keine Sicherheit (41:34 / S. 4)
Justice for Mohamed Idrissi (45:49 / Seite 5)
Rote Hilfe Berlin (S. 6)