bookmark_border„Meine Geschichte hat mich zu dem gemacht was ich heute bin: Yildiz.“

Stellungnahme der Kampagnengruppe „Freiheit für Yildiz – defend feminism“ zum dritten Verhandlungstag (01.11.2019) im Strafverfahren gegen die kurdische Feministin Yildiz Aktaş

Am dritten Verhandlungstag im Kammergericht Berlin-Schöneberg wurde von der Verteidigerin Antonia von der Behrens eine Erklärung der Angeklagten Yildiz Aktaş verlesen. In dieser schildert sie ihre Lebensgeschichte, welche von Gewalt und Folter, Kriminalisierung als Kurdin und Unterdrückung als Frau durch die Familie geprägt ist – sowie von feministischen Kämpfen und Solidarität durch andere Frauen.

„Ich würde heute nicht vor Ihnen stehen, wenn ich keine Solidarität von anderen, insbesondere kurdischen, Frauen erfahren hätte. Dank dieser Solidarität konnte ich überleben. Ich würde heute nicht vor Ihnen stehen, wenn ich nicht mein Leben lang widerständig gewesen wäre. In der Aktivität, im Kampf gegen die Unterdrückung von Frauen, gegen die chauvinistische Vernichtungspolitik der Türkischen Republik gegenüber Kurd*innen, konnte ich trotz meinen Verletzungen weiterleben.“ So Yildiz Aktaş in ihrer Erklärung am 01.11.2019 vor dem Kammergericht Berlin-Schöneberg.

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bookmark_borderProzessbericht vom 2. Prozesstag – Dritter Heini

“I got a feeling” – Von Gefühlen und Schwalben

Letzter Prozesstag der Drei Heinis in erster Instanz

  1. Akt, 2. Teil

Am Donnerstag dem 22.10. hatte der dritte Heini seinen zweiten Prozesstag. Es wurde über eine versuchte Körperverletzung und Tätlichen Angriff verhandelt, der laut Bullenaussage im Gewand eines Beinstellers daher gekommen sein soll. Das Ganze soll sich ein paar Wochen nach dem G20 in Hamburg am Heinrichplatz in Kreuzberg zu getragen haben, wo eine Videokundgebung statt fand, die die Polizeigewalt während den Gipfelprotesten thematisierte.

Hier der Bericht zum ersten Prozess plus Link zur Prozesserklärung des Heinis.

Am ersten Prozesstag konnten nicht beide Bullenzeugen befragt werden. Die Aussagen des Einen ließen also noch auf sich warten. Und es hat sich gelohnt! Es wurde wieder spannend.Der 2te Zeuge tischte eine ganz andere Story auf, als sein Kollege am ersten Prozesstag. Der Bulle hatte sich zwar diesmal an die Akten gesetzt und sie fleißig gelesen, im Gegensatz zum Prozess gegen den ersten Heini. Bei dem er meinte, er wisse gar nicht warum er als Zeuge geladen sei.

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bookmark_borderProzess gegen gegen Yildiz Aktas hat begonnen

Stellungnahme der Kampagnengruppe “Freiheit für Yildiz” zum Auftakt der Hauptverhandlung am 25.10.2019 im Verfahren gegen Yildiz Aktas, vor dem Kammergericht Schöneberg

Heute, am 25.10.2019 begann der Prozess gegen die kurdisch-feministische Politikerin Yildiz Aktaş (51) im Kammergericht Berlin-Schöneberg. Sie wird gemäß den Paragraphen §§129a/b StGB als Mitglied einer „terroristischen Vereinigung im Ausland“ angeklagt.

Yildiz Aktaş engagierte sich zeitlebens sowohl in der Türkei, als auch in Deutschland, gegen Gewalt an Frauen und Mädchen und deren Recht auf Selbstbestimmung, Bildung und finanzielle Unabhängigkeit. Schon mit 12 Jahren wurde sie in Dyarbakir, einem für seine Grausamkeiten gegenüber den Insass*innen bekannten Gefängnis, inhaftiert und gefoltert. 2012 flüchtete sie vor der fortlaufenden politischen Verfolgung in der Türkei nach Deutschland und erhielt hier Asyl. Vor ihrer Flucht nach Deutschland im Jahr 2012 war sie in hoher Funktion für Frauenrechte in der prokurdischen „Partei des Friedens und der Demokratie“ (DBP) aktiv.

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bookmark_borderKurzbericht vom 3. Heini-Prozess und Prozesserklärung

Am Dienstag, den 24.09.2019 hat der erste Prozesstag vom dritten Heini stattgefunden. Ihm wird hauptsächlich vorgeworfen, bei einer Videokundgebung am Heinrichplatz gegen Polizeigewalt nach dem G20 Gipfel einem Bullen ein Bein gestellt zu haben.

Zunächst hat der Heini seine Prozesserklärung verlesen (siehe unten).

Beim Prozess waren zwei Bullen als Zeugen geladen, wovon einer nicht aufgetaucht ist. Der Richter hat versucht, bei der Befragung des ersten Bullen den Anschein zu machen, dass es ihm um so etwas wie tatsächliche Aufklärung gehen würde. Der erste Bulle hat nicht sonderlich viel Belastendes von sich geben können. Er sei auf dem Weg Richtung Fahrbahn gewesen, um nach Beendigung der Kundgebung die dort verbliebenen ehemaligen Kundgebungsteilnehmer*innen von der Straße zu räumen.

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bookmark_borderProzess gegen Antifaschistin wegen Hess-Marsch 2018 – Prozesserklärung

Am vergangenen Donnerstag begann ein Strafprozess gegen eine junge Antifaschistin wegen der Proteste gegen den Rudolf-Heß-Marsch im letzten Jahr. Ihr wird vorgeworfen, sich in einer Menschen-Blockade (kurzzeitig) vermummt zu haben, als Neonazis vorbeigeführt wurden. Im Anschluss wurde sie von der Polizei unter massiver Gewaltanwendung festgenommen. Aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen sah sich die Polizei gezwungen einen Widerstand gegen Polizeibeamte (§113) zu konstruieren. Das Berliner Bündnis gegen Rechts hatte zur solidarischen Prozessbegleitung aufgerufen und so begann die Hauptverhandlung in einem bis auf den letzten Platz von Unterstützer*innen gefüllten Saal, nachdem die Genossin ein Einstellungsangebot des Gerichts kurz vor Prozessbeginn ausgeschlagen hatte. Eine Polizist wurde als Zeuge vernommen und eierte wie üblich herum, soweit nichts Besonderes. Besonders war allerdings die Prozesserklärung der Angeklagten, die in Presse Beachtung gefunden hat und die wir nachstehend dokumentieren. „Am Ende ihrer Ausführungen brandete auf den Zuschauerbänken im Saal Beifall auf, der durch Jubel vor der Tür seitens der solidarischen Mitstreiter erwidert wurde“, so ein Pressebericht.

Presseerklärung Berliner Bündnis gegen Rechts vom 22.07.2019

„Offensiv gegen Heß und Polizei“ (taz vom 25.07.2019)

„Wenn Polizisten Zeugen sind“ (junge Welt vom 27.07.2019)

Der Prozess wird am 01.08.2019 um 15 Uhr fortgesetzt. Erscheint wieder zahlreich im Amtsgericht Tiergarten, um die Genossin zu unterstützen. Wegen des großen Andrangs wird vielleicht in einem anderen Saal verhandelt, achtet auf Ankündigungen hier.

„Die Nähe von staatlich bezahlten Gewalttäter*innen zum Faschismus ist auch in Demokratien … kein Einzelfall“

Prozesserklärung vom 25.07.2019

Der mir vorgeworfene Straftatbestand des Widerstandes ist mehr als offensichtlich Teil einer Repressionsstrategie und öffnet unverhältnismäßigem, willkürlichem, gewaltvollem und auch unsanktioniertem Vorgehen der Polizei Tür und Tor. 
 
Polizei und Staatsanwaltschaft sind bei Protesten politische Akteure. Die Polizei belässt es nicht bei der brutalen Räumung von Sitzblockaden, sondern führt ihre Bekämpfung des linken Protests mit Hilfe der Staatsanwaltschaft im Gerichtssaal fort.

Durch den schwammig formulierten Paragraphen zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist es ihnen ein Leichtes, im Nachhinein beliebige oder unliebsame Personen mit einem Strafverfahren zu belasten, um diese oder andere Personen, die bereit sind Nazi-Aufmärsche zu blockieren abzuschrecken.

Um die ohnehin niedrigen Beweishürden zu nehmen, wird sich regelmäßig unter Polizei-Kolleginnen abgesprochen und eine sogenannte „Zeuginnenaussage“ erfunden.

Dass sich insbesondere Polizeizeuginnen vor Gericht trotz ihrer eigens dafür besorgten Schulung widersprechen, ist bei kaum einer Verurteilung ein Problem und Erinnerungslücken und Widersprüche von polizeilichen Belastungszeuginnen werden durch Gerichte bereitwillig hingenommen. 
 
Im Folgenden möchte ich gerne darauf eingehen, warum eine Polizei mit einem strukturell rechten Problem in Verfahren gegen linke Proteste ein eigenes Interesse verfolgt oder gar lügt.
 
Am 18. August 2018 trafen sich etwa 700 Neonazis für einen Gedenkmarsch zur Glorifizierung des NS-Kriegsverbrechers Rudolf-Heß in Berlin. Dies gelang ihnen wohl vor allem durch die tatkräftige Unterstützung der Polizei, die mit 2.300 Polizist*innen aus dem ganzen Bundesgebiet im Einsatz war. Nazis wurden von Spandau nach Mitte begleitet und dann durch die halbe Stadt eskortiert. Und trotz des Repressionsapparats und dem Ortswechsel war der antifaschistische Widerstand groß. 
 
Der Heß-Marsch und die Kooperation zwischen Nazis und deutscher Polizei haben Tradition. Während die faschistischen Gruppen Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger Jahre noch am Grab von Rudolf Heß in Wunsiedel aufmarschierten, nahmen Gegenproteste, wie die Kampagne „NS-Verherrlichung stoppen!“ Fahrt auf. Die Proteste zeigen Wirkung und sind so stark, dass der Staat sich gezwungen sieht, aktiv zu werden. Seit 2005 war es den Nazis durch einen neu eingeführten Paragraphen nicht mehr möglich in Wunsiedel selbst aufzumarschieren.
 
Neben den sogenannten „Trauermärschen“ in Dresden folgte eine kurze Zeit der trügerischen Ruhe.  Seit 2017 mobilisieren nun bundesweit Nazis nach Berlin-Spandau, dem Todesort von Heß.

Wer das nicht hinnehmen will und sich den Faschistinnen in den Weg stellt, wird geschlagen, kriminalisiert und abtransportiert. Es wird erneut deutlich: Staat und Nazis arbeiten buchstäblich Hand in Hand.   Und das nicht nur in der Möglichmachung faschistischer Aufmärsche:   Selbst die Berliner Gewerkschaft der Polizei, in deren Vorstand bis 2015 mit Kriminalkommisar Steve Feldmann mindestens ein Rechtsextremer war, räumt ein, dass viele Polizistinnen die rechtsextreme AfD wählen, und dass die Partei weite Teile des GDP-Programmes übernommen habe.  In keiner Bundestagfraktion gibt es so viele Polizist*innen wie in der AfD. 

Für diese rassistische Grundstimmung in der Polizei macht der Landeschef der Berliner Gewerkschaft der Polizei, „die fehlende Transparenz in Flüchtlingsfragen“ verantwortlich. Das ist genau derselbe Euphemismus, mit dem die AfD und die Besorgten Bürger ihren Rassismus zu verstecken versuchen.
  
Auch bei der Polizei bleibt es nicht nur bei Worten. Auf Hetze folgen Taten. 

Die Kampagne gegen rassistische Polizeigewalt dokumentiert regelmäßig Fälle, in denen Berliner Polizistinnen gegenüber genau denselben Menschen wie Nazis gewalttätig werden. Meistens, ohne jemals Strafe fürchten zu müssen. Warum auch? Vom Berliner Staatsschutz wurde bekannt, dass sich dort niemand daran stört, wenn Polizistinnen in der internen Kommunikation faschistische Grußformeln benutzen. Dieselbe Polizei-Abteilung steht derzeit öffentlich sogar in der bürgerlichen Presse in der Kritik, weil Beamte „privat“ Morddrohungen an linke Aktivistinnen und Anwältinnen verschickten, und dafür sorgten, dass linke Hausprojekte statt dem Attentäter Anis Amri observiert wurden. Bei einem Brandanschlag auf einen linken Lokalpolitiker in Berlin-Neukölln hatten Observationseinheiten genügend Informationen um die Nazis frühzeitig zu stoppen. Sie taten es nicht.
 
Auch bundesweit haben sich in letzter Zeit Cops beim Nazi-Sein erwischen lassen. 
 
In Hessen verschicken Polizistinnen unter dem Namen „NSU 2.0“ Morddrohungen an Anwältinnen und Betroffene von rechter Gewalt und hissen die Bundes- und Hessenflagge vor einer Polizeistation am Holocaust-Gedenktag absichtlich kopfüber. 
 
In Schleswig-Holstein werden regelmäßig nicht ins deutsche Weltbild passende Rekrutinnen mit rassistischen und sexistischen Drohungen aus der Ausbildung gemobbt.   In Mecklenburg-Vorpommern waren Beamte des SEKs damit beschäftigt, Munition und Waffen im großen Stil zu klauen, und zusammen mit weiteren Polizistinnen, Soldatinnen und einem Richter Todeslisten anzulegen und Massaker an Menschen, die ihrem menschensfeindlichen Weltbild nicht entsprechen oder entgegnen zu planen.    In Sachsen-Anhalt sind sie schon einen Schritt weiter: Hier schlugen Polizistinnen Oury Jalloh in einer Polizeizelle tot und setzen seinen Leichnam zur Spurenverwischung in Brand.
 
Todeslisten, Leichensäcke, Löschkalk, Nordkreuz, Prepper, Morddrohungen, Faschistenaufmärsche,– Ja klar, alles Einzelfälle, denn die Polizei hat ja kein Nazi-Problem. 
 
Die Nähe von staatlich bezahlten Gewalttäterinnen zum Faschismus ist auch in Demokratien unangenehme Realität und sicherlich kein Einzelfall.    Und es bleibt dabei – solange es den beruflichen Tätigkeiten desder Polizistin inbegriffen ist, der Gesetzeslage entsprechend Abschiebungen zu vollziehen, Wohnungslose von öffentlichen Plätzen zu vertreiben, rassistische Kontrollen durchzuführen, Mieterinnen aus ihren Wohnungen zu räumen, ab und zu mal eine X-beliebige Person aus nichtigen Gründen zu erschießen oder eben Nazi-Aufmärsche durchzusetzen, kurzum: eine menschenfeindliche Ordnung zu hüten und aufrechtzuerhalten-solange bleibt unser Widerstand gegen ein System der Ausbeutung und Unterdrückung oft auch eine Konfrontation mit ihnen. 
 
Der Kampf gegen die Verhältnisse wird sich nicht durch Gesetze und auch nicht durch Verurteilungen aufhalten lassen.

Wir werden weiterkämpfen – und dieses Jahr dann erst Recht!

bookmark_borderSanitätsausrüstung verstößt nicht gegen Versammlungsgesetz

Freispruch für Berliner Demosani vom Vorwurf der Vermummung und „Schutzbewaffnung“ rechtskräftig

Wir hatten im Dezember 2017 über die Verurteilung eines Demosanitäters berichtet, der im Einsatz auf einer Demonstration Atemmaske und Schutzhelm getragen hatte. Im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Berlin wurde der Sanitäter bereits am 14.09.2018 freigesprochen; das Urteil ist nach Rücknahme der Revision der Staatsanwalt inzwischen rechtskräftig.

Das Gericht begründet sein Urteil damit, dass eine die Erkennbarkeit erschwerende Aufmachung allein nicht strafbar sei. Der Täter müsse auch beabsichtigen, die Feststellung seiner Identität zu verhindern. Der angeklagte Sanitäter hatte im Einsatz auffällige orange Kleidung getragen und im Prozess erklärt, er habe die Atemschutzmaske aus hygienischen Gründen angelegt. Ähnliches gelte für den Schutzhelm, der nicht zur Abwehr von Polizeigewalt gedient habe.

Das Gericht hob das erstinstanzliche Urteil auch hinsichtlich der weiteren Anklagepunkte Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Gefangenenbefreiung auf. Das Landgericht erkannte den Widerspruch zwischen der belastenden Aussage eines Polizisten und dem Einsatzvideo und sprach den Angeklagten frei.

Das erstinstanzliche Urteil aus dem Dezember 2017 hatte bundesweit bei Sanigruppen, aber auch Polizeibehörden für Aufsehen gesorgt. Das Landgericht stärkt nun die Position von Sanitätern, Journalisten und Demobeobachtern, die sich in angespannten Versammlungssituationen durch geeignete Ausrüstung schützen, während sie ihren Aufgaben nachgehen.

bookmark_borderBerliner Urteil: Ausstattung von Demosanitäter*innen gilt als passive Bewaffnung

Pressemitteilung des Bundesvorstands der Roten Hilfe vom 17.12.2017

Das Amtsgericht Berlin Tiergarten verurteilte am 14.12.2017 einen Demosanitäter wegen angeblicher passiver Bewaffnung und anderen Delikten zu 50 Tagessätzen Geldstrafe.

Der Aktivist wurde während einer Demonstration am 5. November 2016 in Berlin festgenommen. Angeblich stand er einem Polizeibeamten im Weg, weshalb eine Festnahme missglückte. Deshalb wurde ihm Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Gefangenenbefreiung, aber auch Vermummung und passive Bewaffnung vorgeworfen. Besonders im Hinblick auf letztere Vorwürfe hat das nun gefällte Urteil eine besondere Bedeutung: Sie leiteten sich unmittelbar aus der Kleidung ab, die der Betroffene und andere Aktivist*innen als Sanitäter*innen auf Demonstrationen tragen. Continue reading „Berliner Urteil: Ausstattung von Demosanitäter*innen gilt als passive Bewaffnung“