Solidarität mit den Beschuldigten im MIEZE-Verfahren

Am Freitag, den 30.10.20 kam es in Stuttgart und Berlin in vier Wohnungen zu Hausdurchsuchungen. In Berlin wurden zwei Personen festgenommen, denen vorgeworfen wird, für eine Reihe von Drohschreiben und versuchten Anschlägen verantwortlich zu sein. Konkret wird ihnen zur Last gelegt, Drohbriefe an zahlreiche Politiker:innen geschickt zu haben, da sie „nichts gegen Ausbeutung, Faschismus, Gentrifizierung, Ignoranz gegenüber Klimaprobleme“ unternehmen. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann erhielten Post. Versuchte Brandanschläge sollen vor der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg und vor der Villa des Fleischfabrikanten Clemens Tönnies verübt worden sein. Ebenso erhielten mehrere Betriebe des Personennahverkehrs Drohungen. Die Verfolgung von „Schwarzfahrern“ solle abgeschafft werden. Außerdem erhielt der Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang Drohungen samt 9mm Gaspatrone.

Dieses Verfahren macht wieder einmal deutlich, dass offenbar nahezu alles, was auch nur nach widerständiger Praxis aussieht, in den repressiven Staatsapparaten eine nahezu manische Angst hervorruft. Nicht umsonst ermittelte nicht die normale Staatsanwaltschaft, sondern die Bundesanwaltschaft in dieser Sache. Erst kurz vor den Festnahmen, als klar war, dass die Beschuldigten vermutlich keinen Anschluss an die „linke Szene“ haben, wurde das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Stuttgart abgegeben. Die Methode ist bekannt: Erst Mal die Vorwürfe so hoch schrauben, dass man juristisch alle möglichen Ermittlungsmethoden anwenden kann um danach, wenn alle repressiven Möglichkeiten ausgeschöpft sind, wieder runterzuschrauben. Gegen organisierte Linke ist schließlich jedes Mittel recht.

Nach den Verhaftungen hetzte gleich der CDU-Innenexperte Thorsten Frei: „Die Festnahmen zeigen: Der Linksextremismus in unserem Land wird radikaler“. Der Rechtsstaat müsse darauf „eine starke Antwort“ geben.

Genau hier verdeutlicht sich wieder einmal die Unfähigkeit der Herrschenden, den Zusammenhang zwischen einer Gesellschaft, in der sich die Krisen immer weiter zuspitzen, deren Rassismus immer mörderischer wird, die immer mehr Menschen in existenzielle Nöte bringt und der Wut, die genau aus diesen Missständen resultiert, herzustellen. Aktionen gegen Ausbeuter:innen wie Tönnies, der Migrant:innen zu unwürdigsten Bedingungen schuften lässt um das Fleisch von geschundenen Tieren zum Spottpreis auf die deutschen Abendbrottische zu stellen, sind eine Antwort auf genau diese Ungerechtigkeiten.

Anstatt diese Vorfälle zum Anlass zu nehmen, sich um die Behebung dieser gesellschaftlichen Missstände zu kümmern, schwadroniert die CDU von „Linksextremismus“ und versucht diese Vorfälle zu nutzen um die Linke und jeglichen Ausdruck linker Positionen zu kriminalisieren.
Damit werden letztendlich alle Menschen, die Forderungen nach Lebensbedingungen stellen, die eigentlich die Grundlage für ein gleichberechtigtes Zusammenleben darstellen, kriminalisiert.

Dieses Verfahren richtet sich also nicht nur gegen die zwei Beschuldigten. Vielmehr ist es ein Angriff auf uns alle. Die Botschaft, die hier vermittelt werden soll, ist klar: Wer Widerstand leistet, wird niedergemacht.

Wir stehen an der Seite all jener, die für eine solidarische Gesellschaft kämpfen.
Wir stehen an der Seite aller, die genau dafür vom Staat kriminalisiert werden.
Wir erklären uns solidarisch mit den Beschuldigten.