Presseerklärung des Solidaritätskreises zum 2. Daimler-Strafverfahren

Im Namen des Volkes?

Amtsgericht Tiergarten fällt Skandalurteil gegen Meinungs- und Pressefreiheit für den Automobilkonzern Daimler

Wegen Flugblattverteilens bei Daimler wurde Klaus G. am 15. Januar 2016 wegen Hausfriedensbruch und zu einer Geldstrafe von 750€ verurteilt, was sogar über die ursprünglich von der Staatsanwaltschaft beantragten 450€ hinaus geht.

Im Oktober 2014 wurden von Klaus auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz desAutomobilkonzerns in Berlin Marienfelde Flugblätter einer Aktionseinheit verteilt, in denen zum weltweiten Antifracking-Tag und einem europaweiten Aktionstag gegen TTIP und CETA aufgerufen wurde. Die Geschäftsleitung von Daimler rief die Polizei und stellte Strafantrag.

Der Prozess, auf den die Richterin politisch gründlich vorbereitet war, war sozusagen eine Lehrstunde darüber, wo die Grenze der Meinungs- und Pressefreiheit liegt. Sinngemäß vertrat die Richterin: „Die Meinungs- und Pressefreiheit ist in Deutschland – auch angesichts der weltweiten Situation – ein hohes Gut. Aber sie hat eine Grenze und die ist das Eigentum.“ Klaus deckte auf, dass sich dies gegen kritische und linke Kräfte richtet, in erster Linie aber eine Zensurmaßnahme gegen die Daimler-Arbeiter ist. Diese sollen selbst entscheiden können, was sie lesen und welche Konsequenzen sie ziehen. Er zog den Zusammenhang dazu, dass Daimler die Kollegen weltweit 1/4-jährlich geheimdienstlich bespitzeln lässt und dass der Daimler-Chef Zetsche massiv für TTIP eintritt, weil sich der Konzern davon eine starke Profitmaximierung verspricht.

Ein Daimler-Kollege sagte als Zeuge aus, dass auf dem Parkplatz auch andere verteilen wie die IGMetall, Unterstützer der alternativen Betriebsratsliste und andere politische Gruppen und es hier bisher zu keinem Prozess gekommen ist.

Gestützt darauf erklärte Klaus, dass gegen ihn und Barbara, die schon am 7. Dezember 2015 verurteilt worden ist, schon einmal durch die Sicherheitsfirma WISAG im Auftrag der Daimler-AG die Polizei geholt wurde, als sie Maiaufrufe der MLPD verteilt haben. Und dass ein Angestellter der WISAG ihm ausdrücklich erklärt hat, dass speziell der Standpunkt der MLPD nicht erwünscht sei. Er trat dafür ein, dass auch die anderen dort aktiven Kräfte weiter verteilen können, aber eben auch er und sein Rechtsanwalt Frank Jasinski stellte fest, dass spätestens mit dem Zulassen anderer Verteiler und Verkäufer das Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit höher zu werten ist als das an Privateigentum.

Die Richterin aber zog durch, was sie von Anfang an vorhatte: die Verurteilung. Denn: der Eigentümer habe das Recht auszuwählen, wer sich auf seinem Parkplatz aufhält. Nach dieser Logik kann der Eigentümer einer Zeitung wohl auch alleine entscheiden was in der Zeitung steht und was nicht, bloß weil er der Eigentümer ist.

Gegen dieses skandalöse Urteil wird Klaus in Berufung gehen und kann sich dabei der Solidarität Zuhörer und des Solidaritätskreises sicher sein. Denn kommt dieses Urteil durch, dann kann bald jede Chefetage von Betrieben, aber auch von Einkaufszentren ungestraft Flugblattverteiler vertreiben und verfolgen.

Wir bitten dringend um Spenden, um die Prozesskosten zu finanzieren.

Kontakt: Solikreis.FreieMeinung@gmx.de